Seiteninhalt
27.06.2011

Kaiserpaar auf Werbetour


Das Kaiserpaar auf Werbetour


Seit Wochen bereits sind sie im Auftrag der Gemeinde Kaufungen ehrenamtlich unterwegs: Das Kaufunger Kaiserpaar Kunigunde und Heinrich II. alias Heidi und Albert Noll. Sie überbringen an Städte und Gemeinden, die einen historischen oder partnerschaftlichen Bezug zu Kaufungen haben, Einladungen für den großen Festakt anlässlich des 1000. Geburtstages von Kaufungen am 10. August.
Sehr umfangreich war die Liste der Orte, die sie bis dato bereits abgearbeitet hatten bzw. abgefahren waren: Herleshausen, Bamberg, Heroldishausen, Koblenz, Trimbs, Winningen und Waldesch, und noch einige stehen auf dem Programm.
Viel haben sie in den letzten Wochen auf ihren Reisen erlebt, interessante Bekanntschaften gemacht und spannendes erfahren. Trotz des doch ganz erheblichen Zeitaufwandes, Ansprechpartner müssen ausfindig, Termine gemacht, Geschenke besorgt und verpackt werden, haben die beiden Niederkaufunger, die schon viele Jahre das Kaufunger Kaiserpaar nach Außen repräsentieren, z.B. auch bei den Festumzügen der Hessentage – in Oberursel waren sie selbstverständlich auch dabei, nach wie vor Spaß bei dieser Tätigkeit. Sie sind gern gesehene Gäste, die nicht nur mit Stil repräsentieren, sondern auch durch ihr umfangreiches geschichtliches Wissen beeindrucken, so dass sich fast immer interessante Gespräche entwickeln. Jetzt besuchten sie die Gemeinden Staufenberg und Helsa sowie die Stadt Hannoversch Münden.
Bei ihrer Ankunft im Rathaus im Staufenberger Ortsteil Landwehrhagen erregte das historisch gewandete Kaiserpaar, das im neuzeitlichen Golf vorgefahren war – bestimmt auch kein alltäglicher Anblick für andere Autorfahrer – durchaus Aufsehen. „Ein König!“, riefen die Kinder an den Händen ihrer Mütter aufgeregt. Nach dem dezenten Hinweis, dass es sich sogar um einen Kaiser und seine Gemahlin handele, verbeugten sich selbst die Mütter amüsiert.
Bürgermeister Volker Zimmermann empfing das Kaiserpaar in seinem Amtszimmer. Mit den Worten: „Salve (Ortsname), aus erlauchtem Munde höret nun die Kunde: Salve, in nomine Kaufungen Heinrich et Kunigunde lad euch ein anno domini 10. August 2011 solt ihr unsere Gäste sein. Daz solt so bezlozzen sein.“ überreichte Heidi Noll ihm die gerollte Einladungsurkunde sowie ein kleines Geschenk der Gemeinde Kaufungen. Als man sich anschließend an den Tisch zu einer Tasse Kaffee hinsetzte, ließ sich der Staufenberger Bürgermeister erst einmal näher über den historischen Hintergrund informieren. Darauf war Albert Noll natürlich vorbereitet und so konnte er Volker Zimmermann erzählen, dass der Staufenberger Ortsteil Uschlag, wie zahlreiche andere Dörfer in der Region, eine Schenkung Kaiser Heinrichs II. an das Kloster Kaufungen seiner Gattin Kunigunde war. 1040 erhielt unter anderen Uschlag das Zehntrecht. Anfang der 70er Jahre kam Uschlag im Rahmen der Gebietsreform zur Gemeinde Staufenberg, was Bürgermeister Zimmermann zu der Bemerkung veranlasste, dass Kaiser Karl 811 dem Dorf Benterode, ebenfalls Ortsteil von Staufenberg, das in diesem Jahr seinen 1200. Geburtstag feiert, in einer Urkunde versicherte, dass dessen Gebiet für alle Zeiten unantastbar sei. „Und was machen wir? Gebietsreform!“. Diese habe durchaus auch zu manchen Problemen in der Vergangenheit geführt. Staufenberg, am südlichsten Zipfel Niedersachsens gelegen, aber mit einigen Teilen daneben in Hessen, habe in manchen Bereichen sowohl niedersächsisches als auch hessisches Recht anwenden müssen. Daher sei es eine große Erleichterung für alle, u.a. auch die Gemeinde Nieste, dass vor einigen Wochen ein Gebietstausch stattgefunden habe.
Gleich im Anschluss an diesen Besuch ging es weiter nach Helsa, wo Bürgermeister Tilo Küthe trotz Urlaub die kaiserlichen Gäste aus Kaufungen bereits erwartete. Gleich drei Urkunden überreichten Heidi und Albert Noll dem Bürgermeister: für die Ortsteile Helsa, Wickenrode und Eschenstruth, die zum Stift Kaufungen gehörten. Bürgermeister Küthe hatte sich gut auf diesen hochherrschaftlichen Besuch vorbereitet und so hielt er auch den Zehnten aus Helsa in Form einer Flasche Wein für die Gäste bereit. Die Einladung nahm er dankend an und fragte auch gleich, ob denn die Helsaer Abordnung gewandet kommen solle, sie hätten nämlich auch Gewänder, erklärte er, da die Helsaer sehr geschichtsinteressiert seien. Und so erzählte er auch gleich von einem spannenden „Fall“, dass nämlich vermutet wird, Helsa sei älter als bisher angenommen. Im Jahr 2003 hatte man das 650. Jubiläum gefeiert, doch soll eine Urkunde existieren, in der Helsa schon viel früher erwähnt wird. Diese Urkunde jedoch sei verschwunden. Es sei schon im Staatsarchiv Marburg gesucht worden, wo sie wohl Anfang der 60er Jahre hingekommen sei, doch vergebens. Küthes Hoffnung richtet sich nun durchaus an Kaufunger Geschichtsinteressierte. Vielleicht gibt es dort jemanden, der weiß, wo diese Urkunde verblieben ist oder wo man eventuell noch suchen kann.
Der Besuch in Helsa war nicht der letzte dieses Tages. Am Nachmittag ging es noch nach Hessisch Lichtenau.
Am nächsten Tag ging die Werbetour weiter. Dieses Mal stand Hannoversch Münden auf dem Programm. Schon beim Gang vom Parkplatz zum Rathaus zogen die beiden viele neugierige Blicke auf sich, die sie locker und fröhlich mit einem Winken erwiderten. Im historischen Rathaus von Hann. Münden, dem bedeutendsten Bauwerk der Weserrenaissance, wurden sie von Bürgermeister Klaus Burhenne empfangen. Der zeigte sich etwas verwundert, dass Kaufungen schon 1000 Jahre alt ist – es ist doch so modern! Doch schnell kam man natürlich im Gespräch auf die Geschichte zu sprechen, und da hat nicht nur Kaufungen etwas zu bieten. Stolz ist der Bürgermeister auf die Entdeckung eines römischen Versorgungslagers bei Hedemünden, dem Stadtteil von Hann. Münden, der bereits am 6. Dezember 1017 dem Kloster Kaufungen geschenkt worden war. Das Römerlager war im Zuge der militärischen Vorstöße römischer Legionen in das germanische Gebiet vor ca. 2000 Jahren gegründet worden. Lachend erzählt der Bürgermeister, dass er früher als Kind auf diesem Hügel gespielt habe, er sei die Trutzburg gegen Göttingen gewesen. Am Ende des Besuches ließ er es sich nicht nehmen, mit seinen erlauchten Gästen noch eine kurze Besichtigungstour durch das beeindruckende Rathaus zu machen, bevor er vor dem prachtvollen Haupteingang, der heute nur noch Hochzeitspaaren offen steht, die Urkunde mit der Einladung entgegennahm. Beim Abschied wünschte er dem Kaufunger Werbe-Kaiserpaar weiterhin viel Erfolg bei ihrer Tour, die er ganz toll fand.