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13.07.2022

Auf den Spuren der Geschichte: Eine Ortsführung durch Oberkaufungen

Eine kleine Gruppe Interessierter traf sich am zweiten Samstag im Juli bei strahlendem Sonnenschein zu einer Ortsführung im Rahmen des Heimatfestes vor dem Rathaus Kaufungen. Sie alle wollten mehr über die Geschichte der Lossetalgemeinde erfahren.

Monika Raimondi sagte: „Kaufungen ist ein tolles Dorf, andere Dörfer sterben aus, aber in Kaufungen haben wir alles, was wir brauchen“, und freute sich auf die Führung, obwohl sie schon seit 48 Jahren in Kaufungen wohnt. Ramona Wendler wohnt erst seit 2020 in Kaufungen. Sie hat ein Fachwerkhaus gekauft und befindet sich mitten in der Sanierung. „ Dennoch nehme ich mir die Zeit, um Kaufungen nach und nach besser kennen zu lernen“.

Gästeführer Walter Brandt vermittelte mit Herzblut und großem Wissen Kaufungens Geschichte. Er erzählte von der maßgeblichen Beteiligung an der Dorfentwicklung durch Heinrich II, der 1002 in Mainz zum fränkischen König gekrönt wurde, seiner Ehefrau Kunigunde von Luxemburg, die ebenfalls 1002, allerdings in Paderborn, zur Königin gekrönt wurde und Phillip dem Großmütigen, der unter anderem die Konfirmation nach Kaufungen brachte.

Im Rahmen der Häuserbetrachtung an der Leipziger Straße berichtete Brandt davon, dass die Bauweise des Fachwerks im 5.-7. Jahrhundert von den Alpen bis nach England und Skandinavien gebracht wurde.

In Kaufungen seien die meisten alten Fachwerkhäuser in Rähm Bauweise gebaut, so der Gästeführer weiter. Im obersten Geschoss befanden sich die Speicher, um die Feld- und Gartenfrüchte möglichst frei von Ungeziefer und Nagern zu halten. Die Ständerbauweise wurde bald verworfen, da diese Bauten eine schlechte Statik auf dem Untergrund hatten und somit unsicher waren. An manchem Haus wies Brandt auf die Verstrebungen und Verzierungen im Balkenwerk hin, die einzig zur Verschönerung der Häuser dienten. „Die Häuser stehen dicht zusammen, da man schon früher darauf bedacht war, Energie zu sparen und sei es durch die Abwärme der Nachbarn“, erklärte der Gästeführer. Ebenso lag an der Leipziger Straße eine Gastwirtschaft, die im Mittelalter alle drei Jahre den Pächter gewechselt haben soll, da die Buchführung des Bierausschankes oftmals nicht so gewissenhaft geführt wurde. Im Sockel des Gebäudes sieht man noch die früheren Holzeingangstüren, die heutzutage zur Hälfte unterhalb des Gehsteiges liegen, denn die Leipziger Straße lag früher wesentlich tiefer.

Der Gästeführer erklärte: „Kaufungen war kein reines Bauerndorf. Durch die Ost-West-Verbindung der Leipziger Straße, die zu einer der Hauptverkehrsverbindungen zählte, war allerlei Heer- und Handelsvolk auf der Straße unterwegs. Es gab allein acht Schmieden in Oberkaufungen. Das Dorfleben spielte sich allerdings auf der Parallele zur Leipziger Straße, der Dorfstraße, ab.“ So stehen an der Dorfstraße noch das ehemalige Schulhaus, das nach der Einführung der Schulpflicht im 18. Jahrhundert notwendig war und das Kantonshaus, das schelmisch „Kartonhof“ genannt wurde.

Eine Seifensiederei war an der Lossebrücke angesiedelt und weiter ging es bis zur Ecke Jakobsstraße, dem Altmarkt, wo zu früheren Zeiten wöchentlich ein Markt abgehalten wurde. Über die Freiheit (die ein eigenes Dorf war) gelangte die Gruppe dann vorbei an den Ernhäusern der Tagelöhner (die für den Stift arbeiteten) zum Kaufunger Stift.

Die Zehntscheune war zur damaligen Zeit ein Speicher der abgegebenen Feld- und Gartenfrüchte und wird heute unter anderem als Veranstaltungsort der Gemeinde genutzt.

Überraschend war die Information zur Gerichtseiche im Stiftshof, die heute keine Eiche mehr ist, da Anfang des 20. Jahrhunderts ein Blitz in den Baum einschlug und an deren Stelle eine Linde gepflanzt wurde.

Weitere Informationen zu den Gästeführungen gibt es unter https://www.kaufungen.eu/Kultur-Tourismus/Museen-Sehenswertes/Führungen.