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27.10.2015

A44 war Thema bei Bürgerversammlung

A44, Windpark Stiftswald und Gemeindewerk waren Themen

Auf großes Interesse stieß die diesjährige Bürgerversammlung in der Kaufunger Haferbachhalle – der Grund: Es standen gewichtige Themen wie der aktuelle Planungsstand zum A44-Bau oder die geplante Errichtung von 8 Windkraftanlagen im Stiftswald auf der Agenda. Nachdem Gemeindevertretervorsitzender Karl Hellmich die knapp 100 Bürger im Saal begrüßt hatte, übergab er das Wort an Verwaltungschef Arnim Roß, der über den derzeitigen Planungsstand zur A 44 informierte. „Wir sind seit Dezember 2014 im Dialog mit dem hessischen Verkehrsministerium und der Planngsbehörde Hessen Mobil. Auch die Nachbargemeinden Helsa, Lohfelden, Nistetal, die Stadt Kassel, der Landkreis Kassel und die hiesigen Landtags- und Bundestagsabgeordneten nehmen an den Gesprächen teil. Darüber hinaus die Vertreter der Bürgerinitiativen, der Umweltverbände, der Landwirtschaft und der Forstwirtschaft. Das Ziel ist, die Forderungen der Gemeinde an die Autobahntrasse durchzusetzen. Das hat die Gemeindevertretung in 2012 beschlossen. Es soll nicht wie bisher über unsere Köpfe hinweg geplant werden. Es geht um den bestmöglichen Schutz der Menschen im Lossetal vor der Autobahn“, sagte Roß und betonte: „Dass wir die Autobahn durch unser Lossetal grundsätzlich ablehnen, steht außer Frage. Wie sich die Gemeinde am Ende zu der Autobahntrasse stellt, hängt davon ab, inwieweit diese Forderungen erfüllt werden vom Ministerium und von Hessen Mobil. Notfalls werden wir klagen." Dabei fordern die Vertreter des Runden Tisches A44, eine Interessensgemeinschaft aus Bürgerinitiativen, Vertretern der politischen Parteien, Kaufunger Verbänden und der Gemeinde, den bestmöglichsten Schutz vor Lärm und Schadstoffen für die Kaufunger Bürger, den Erhalt des Trinkwasserbrunnens Kohlenstrasse, der inzwischen schon zugesichert ist, keine Umleitungsverkehre durch die Ortslagen von Kaufungen und den Erhalt der Autobahn-Anschlussstelle Kassel-Ost. Um möglichst gut vorbereitet in den Dialogprozess zu gehen, haben sich Gemeinde und Runder Tisch A 44 eine Fachagentur für Verkehrsplanung als Berater mit ins Boot geholt. Fachberater und Mediator Wulf Hahn, der zur Bürgerversammlung ebenfalls anwesend war, erklärte: „Wir unterstützen den Runden Tisch A44 in allen Fragen rund um den Autobahnbau.“ In einer kurzen Präsentation informierte der Berater über den aktuellen Stand der Dinge. Dabei kam heraus, dass in punkto Lärmschutz erst eine erneuerte Verkehrsprognose abgewartet werden muss. „Der Lärmschutz wurde vom Sichtvermerk des Bundesverkehrsministeriums ausgenommen, da der erforderliche Schallschutz auf Basis aktueller Zahlen neu ermittelt werden soll“, erklärte Hahn. Diese Verkehrsprognose muss das hessische Verkehrsministerium erstellen lassen. Der momentan in den Plänen des Ministeriums vorgesehene Lärmschutz sei also noch nicht gesichert, so Hahn. Hier müsse man im Lossetal wachsam und kritisch sein. Auf die Nachfrage eines Kaufunger Bürgers, warum der sogenannten H-Trasse, eine Autobahnvariante durch die Söhre, so wenig Beachtung finde, entgegnete der Fachberater: „Es ist zwar noch nichts entschieden, aber es ist sehr unwahrscheinlich, dass die Straßenverkehrsbehörde von ihrem bisher genehmigten und schon teilweise im Bau befindlichen Trassenabschnitt bei Helsa abweicht und eine komplett neue Trassenvariante bevorzugt.“ Dem stimmte auch Rainer Böhm, Gast der Bürgerversammlung, zu: „Es wird schwierig sein, die H-Trasse durchzusetzen, wenn sich die Lossetaltrasse in Abschnitten schon im Bau befindet.“ Böhm machte aber auch darauf aufmerksam, dass man den Autobahnabschnitt bei Niederkaufungen tiefer in den Boden verlegen sollte, damit die Trasse möglichst wenig auffällt. „Dennoch kommt bei einem Autobahnbau niemand ungeschoren davon“, fügte Rainer Böhm hinzu. Bürgermeister Arnim Roß machte daraufhin noch einmal deutlich: „Wenn unsere Forderungen keine Beachtung finden, ziehen wir vor Gericht.“ In Wiesbaden habe man inzwischen begriffen, dass Kaufungen wehrhaft sei.

Erfreulichere Nachrichten gab es in Sachen Gemeindewerk Kaufungen zu berichten. Seit 2014 können Kaufunger Bürger ihre Energie von einem eigenen, lokalen Versorger beziehen. Nun wurde ein weiterer Schritt Richtung Energiewende getan: „Die Verhandlungen mit der EAM waren erfolgreich, das Gemeindewerk wird ab dem 1. Januar 2017 das Stromnetz in der Gemarkung Kaufungen übernehmen“, teilte Bürgermeister Arnim Roß mit. Damit habe man mehr Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten auf das örtliche Stromnetz und könne wieder zum Akteur auf dem Gebiet der Energieversorgung werden.

Als weitere Themen standen das Windkraftprojekt im Kaufunger Stiftswald und der Teilregionalplan Energie auf der Tagesordnung. Ron Kruck, Entwickler bei den Städtischen Werken AG und Projektleiter des Windkraftparks im Stiftswald, erläuterte den weiteren Zeitplan für das Stiftswaldprojekt. Demnach sollen bis zum Sommer 2016 insgesamt acht Windkraftanlagen, sechs auf dem Bilstein und zwei auf dem Belgerkopf, errichtet werden. Der Bau der Fundamente solle noch in diesem November beginnen. Im Hinblick auf das Schallverhalten der Windräder gab der Projektleiter Entwarnung: „Die Schallgrenze von 35 dB(A) wird in Kaufungen deutlich unterschritten, da der Abstand zu den Windrädern sehr groß ist.“ Interessant für Bürger sei, so Ron Kruck weiter, dass man sich über Energiegenossenschaften am Windpark beteiligen könne. Dazu ermutigte auch Anja Roth, Mitglied der Energiegenossenschaft Kaufungen: „Beteiligen sie sich am Windpark Stiftswald!“

Ganz anders gestaltet sich hingegen die Situation am Sensenstein: Hier wurden erneut Windvorrangflächen in den Teilregionalplan Energie aufgenommen, obwohl durch empirische Gutachten nachgewiesen wurde, dass die Mindestwindgeschwindigkeiten, die das Land Hessen vorschreibt, nicht erreicht werden. „Damit verstößt das Land gegen seine eigenen Vorgaben", informierte Verwaltungschef Roß. Daher habe man mit den Gemeinden Nieste und Niestetal der Aufnahme einer Windvorrangfläche am Sensenstein widersprochen. Die Hessische Landgesellschaft als landeseigenes Unternehmen will mit einem privaten Investor auf den Flächen bis zu acht Windanlagen errichten. Dies entspreche nicht dem Konzept von Bürgerbeteiligung, mit dem der Windpark Stiftswald betrieben werde, so Roß. „Grundsätzlich unterstützen wir die Energiewende. Wir wollen raus aus dem Atomstrom und fördern die dezentrale Erzeugung regenerativer Energie. Wir sind bereit, hier Beiträge zu leisten, insbesondere dann, wenn die Anlagen regional verankert sind und die Wertschöpfung in der Region bleibt." Dies sei bei dem geplanten Windkraftprojekt am Sensenstein aber nicht der Fall. Letztendlich wird die Regionalversammlung Nordhesse darüber entscheiden.

„Welche Unternehmungen stellt die Gemeinde Kaufungen an, um Wohnraum für Flüchtlinge zu schaffen?“, fragte der Kaufunger Bürger Andreas Scheel im Anschluss. Er schlug vor, auf gemeindeeigenen Grundstücken Häuser in Holzständerbauweise zu errichten, die dann als Wohnraum für Flüchtlinge dienen könnte. Diesen Vorschlag nahm Rathauschef Roß auf: „Der Landkreis Kassel prüft dies gerade in ähnlicher Weise. Wenn sich der Vorschlag als geeignet erweist, unterstützen wir ihn mit der zur Verfügung Stellung von Gemeindegrundstücken.“