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09.12.2014

Besuch des Hessischen Finanzministers in Kaufungen

„Ausgebremst und sauer“ – 40 Kommunalpolitiker demonstrieren beim Besuch des Hessischen Finanzministers gegen die Neuordnung des Kommunalen Finanzausgleichs

 

„Herr Minister, das Land Hessen lässt seine Bürger im Stich“, so lautete das vernichtende Urteil der rund 40 Demonstranten, darunter viele ehrenamtliche Kommunalpolitiker aus der Region, am vergangenen Mittwoch vor dem Kaufunger Bürgerhaus. Sie alle waren gekommen, um den Hessischen Finanzminister Dr. Thomas Schäfer nach seinem Besuch in der Lossetalgemeinde abzufangen und deutlich zu machen, wie es um die Finanzausstattung der Kommunen steht. „Ausgepresst und sauer“, so stand auf den gelben Plakaten der Demonstranten geschrieben.

 

Grund für den Besuch des Hessischen Finanzministers war eine Bürgermeisterdienstversammlung der Landkreise Kassel und Werra-Meißner, auf der Dr. Schäfer modellartig die Neuordnung des Kommunalen Finanzausgleiches ab dem Jahr 2016 vorstellen wollte. Zuvor hatte der Hessische Staatsgerichtshof mit einem Urteil aus 2013 das Land aufgefordert, den kommunalen Finanzausgleich (KFA) zu reformieren, um die hessischen Kommunen besser auszustatten. Die Neuordnung des KFA soll ab 2016 den Bedarf der Kommunen abbilden und zur Angleichung der kommunalen Finanzkraft dienen. Geht es nach dem Finanzminister, so profitieren zwei von drei hessischen Kommunen von der neuen Modellrechnung. „Der KFA2016 ist klar, fair und ausgewogen“, so

steht es in einer Pressemitteilung des Hessischen Finanzministeriums geschrieben. Die Realität und die Reaktionen auf die neue Finanzausgleichsrechnung sehen jedoch anders aus: „So, wie die Reform des kommunalen Finanzausgleich 2016 zur Zeit geplant wird, verspricht sie keine Verbesserung. Es findet im Wesentlichen eine Umschichtung und Umverteilung der vorhandenen Masse zwischen den Kommunen statt“, kommentierte Bürgermeister Arnim Roß den Entwurf zur KFA-Strukturreform. „Die Situation wird mit der KFA-Reform sogar noch weiter verschärft: Denn die Hebesätze für Grund- und Gewerbesteuer sollen ab 2016 deutlich erhöht werden.“  Gleicher Meinung war nach der Sitzung auch Söhrewalds Bürgermeister Michael Steisel, der in seiner Funktion als Vorsitzender der Bürgermeisterdienstversammlung für alle Bürgermeister des Landkreises Kassel sprach: „Das Land Hessen fährt mit der neuen Rechnung die unterste kommunale Ebene komplett gegen die Wand. Sie vergessen, dass wir hier mit Menschen zu tun haben. Das Land handelt emotionslos und die Kommunen müssen dafür den Kopf hinhalten.“ Ferner wies Steisel auf das Problem hin, dass die Landesregelungen zunehmend die Steuerhoheit und Selbstverwaltung der Kommunen gefährden. „Bei diesen Rahmenbedingungen will sich niemand mehr in der Kommunalpolitik engagieren.“

 

Würde die Modellrechnung schon in diesem Jahr gelten, müsste Kaufungen auf jährliche

Landeszuweisungen in Höhe von 280.000 Euro verzichten. Zwar fällt die Kompensationsumlage weg, gleichzeitig würde die Lossetalgemeinde aber auch weniger Schlüsselzuweisungen erhalten und müsste parallel dazu eine höhere Kreis- und Schulumlage zahlen.  Vielen anderen Kommunen geht es da nicht anders. „ Das Land setzt seine Politik fort, die Gemeinden zur Ausschöpfung ihrer eigenen Einnahmepotentiale bis an die Grenzen zu drängen und weiterhin Steuern zu erhöhen“, kritisierte Verwaltungschef Roß.

 

Ob der laute Protest aus der Bürgerschaft und die Darstellungen der nordhessischen Bürgermeister Wirkung beim Finanzminister gezeigt haben, wird sich im Sommer 2015 entscheiden. Dann soll das neue Finanzausgleichsgesetz im Landtag beschlossen werden.

 

Weitere Statements von vor und nach Bürgermeisterdienstversammlung:

Es ist wichtig, dass der ländliche Raum in Nordhessen besser ausgestattet wird.“ (Klaus Fissmann, Bürgermeister aus Ringau)

Es macht den Anschein, als ob die neue KFA-Reform nur Gewinner mit sich bringt, die Realität sieht aber anders aus. Es interessiert das Land Hessen nicht, wenn vor Ort niemand mehr in den Parlamenten mitarbeiten will.“ (Manfred Schaub, Bürgermeister der Stadt Baunatal)

„Die erste Entwicklung zeichnet sich bereits in der Gemeinde Helsa ab: Hier werden wir bald nicht mehr genügend Bewerber für die Kommunalwahl haben.“ (Tilo Küthe, Bürgermeister aus Helsa)

Wir müssen Hallen und Schwimmbäder schließen und bekommen im Gegenzug noch ständig neue Herausforderungen auferlegt. Anscheinend handelt das Land Hessen nach dem Pippi-Langstrumpf-Prinzip: Wir machen uns die Welt, wie sie uns gefällt.“ (Michael Steisel, Bürgermeister der Gemeinde Söhrewald)

Aus Sicht des Landkreises zeigt die Neuberechnung des KFA, dass die Klagen der Kreise über eine  unzureichende Finanzausstattung berechtigt sind, da die Kreise einen erheblichen Betrag mehr aus der Ausgleichsmasse erhalten. Dies sollte aber nicht aus den Taschen der Kommunen bezahlt werden, sondern vom Land, da der Kreis zum überwiegenden Teil Landesaufgaben wahrnimmt.“ (Uwe Schmidt, Landrat des Landkreises Kassel)