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16.04.2012

Frieda Braun


„Ach, seid ihr viele hier! So viele haben wir gar nicht eingeladen!“


So begrüßte die Kabarettistin Karin Berkenkopf alias Frieda Braun am Sonntagabend in der voll besetzten Haferbachhalle in Niederkaufungen die Gäste aus Nah und Fern.
Frieda brauchte gar nicht viel zu machen auf der Bühne, allein ihr Auftritt mit dem unvermeidlichen Kittel (mit Ärmel), den Lockenwicklern, der Brille, den Kniestrümpfen und den Schlappen, ihrer Mimik und Gestik, der Sprache und der Stimme: dieses „Gesamtkunstwerk“ brachte das Publikum schon ohne Worte zum Lachen. Aber als sie dann auch noch anfing, in ihrem sauerländisch angehauchten Slang über ihre kleinen, manchmal auch größeren Problemchen mit ihrem Erwin und all den liebenswert-skurrilen Mitmenschen aus Winterberg zu plaudern, gab es kein Halten mehr bei den Zuhörern.
De Erwin war auch der Grund, warum die Frieda in Niederkaufungen war. Der hatte nämlich Geburtstag und wollte mit ein paar alten Bekannten aus Niederkaufunger Zeiten feiern. Und prompt entdeckte die Frieda dann auch ein paar der alten Weggefährten ihres Erwin, während sie den Tisch deckte: „Und wer bist du? ´S Vera… Dass du dich noch hierher traust!“. Doch Frieda wäre nicht eine gestandene sauerländische Hausfrau, wenn sie sich durch solche Besucher aus der Fassung bringen lassen würde. Das Geburtstagstischdecken hat eindeutig Vorrang, ob die Tischdecke quer oder längs liegen soll, ob es besser mit „Buket“ (= Blümchen) oder ohne aussieht. Schließlich entscheidet sie sich für „de Rodscher“ und „de Fred“, zwei Porzellanhunde. Und da de Erwin weiterhin auf sich warten lässt, plaudert ´s Frieda halt ein wenig aus dem Winterberger Nähkästchen. Was da aber auch seit ihrem letzten Besuch in Kaufungen im letzten Jahr wieder alles passiert ist …!
Da ist zum Beispiel ´s Brrrunhild (mit rollendem r zu sprechen!), das sich vor geraumer Zeit mit einer Ich-AG als Pettiküre selbstständig gemacht hat, in de Ecke vom Wohnzimmer. Bei der muss man echt aufpassen, die macht einem die Füße windschnittig, so dass man das Laufen wieder lernen muss. Ihren Erwin will sie da nach em Geburtstag auch mal hinschicken zum Zurechtstutzen.
Überhaupt hat sie so ihre Probleme mit em Erwin. Der schnarcht nämlich, und da ja hinlänglich bekannt ist, dass Frauen die meiste Partnerarbeit leisten, hat sie autogenes Training gemacht. Half aber nicht, also hat sie es mit Vereisungsspray probiert. Nach zwei bis drei Versuchen am offenen Schlund traf sie den Lappen – im Laufe der Nacht hat er sich dann wieder berappelt, de Erwin.
Selbstverständlich bekam man von de Frieda auch kostenlose Tipps mit auf den Weg – allerdings ohne Gewähr! So kann man sich als Frau beispielsweise teure Parfüms sparen: „Uns Mia hatte in de Tanzstunde die meisten Verehrer. Warum? Weil ´s Mia Köchin war und immer so lecker nach Rouladen gerochen hat.“
Überhaupt findet Frieda, dass im Moment gute Zeiten sind für alle, die gerne klagen. So auch ´s Anna. Bei den Karl May-Festspielen in Elspe, wenn se um den Pierre Brie (!) als Winnetou immer gestorben sind wie die Fliegen – „Der hat geguckt wie ´s Bambi!“ – und als der dann auch noch selbst tot gehen musste und man eine Stecknadel hätte fallen hören können, hat die losgeheult: „Ist ja auch ne Zumutung für so’n Schauspieler!“. De Siegfried hat mal als „Statiker“ bei den Karl May-Festspielen gearbeitet, und obwohl man immer nur die Feder von ihm gesehen hat, war er immer korrekt gekleidet. Diese „Statiker“ wollten dann auch mal Original-Indianer sehen und sind nach Amerika. Das war aber ganz schön enttäuschend: „Wir sahen echter aus als die!“. Und Federpflege haben die auch nicht betrieben.
Dann war da auch noch die Sache mit de Oma, deren Hühner immer durchs Haus liefen wie bei den Indern die Heiligen Kühe und die ihre Hühner immer nach den Großen in der Bibel benannt hat, Maria Magdalena und so. Der Hahn hieß immer nach dem aktuellen Papst, der letzte Johannes Paul. Als die Oma gestorben ist, lag die Maria Magdalena bei ihr in der Kühltruhe, von wo sie die Frieda in ihre umgebettet hat, „aber ich kann die Maria Magdalena nicht essen!“.
Ach, was hat die Frieda sonst noch so alles erzählt, vom Urlaub in Lloret de Mar, von dem rassigen Spanier hinter dem Büffet, der aussah wie Gullio, nur jünger, und für den sie immer den ärmellosen Kittel angezogen hat, vom Bauchtanz der Trude für ihren Rudi, von den sächsischen Passionsspielen mit dem „rückenbehaarten“ Jesus, de Mia, dem „Hömnopathen“ und dem Phantom der Oper, und, und, und.
Doch obwohl sie so viel zu erzählen hatte, ließ de Erwin immer noch auf sich warten, so dass die gewitzte Frieda kurz entschlossen das Geschenk selbst auspackte, eine hochmoderne Polaroid-Sofortbildkamera, und zwei Herrn aus dem Publikum auf die Bühne bat, die ihr aushelfen mussten. De Dieter musste ein Foto machen von Udo („Darf ich dich einfachheitshalber Erwin nennen?“) und Frieda, wie sie die Kerzen auf dem Geburtstagskuchen ausblasen, und de Erwin-Udo musste auch noch im Kittel 65 mit Sahne auf den Kuchen schreiben, leider ein bisschen zu groß, um noch eine zweite Zeile unterzubringen, was ihm eine dicke Rüge von Frieda einbrachte.
Therapiert, („Das ist ja wie Lach-Yoga!“), ein bisschen weiser und mit Sicherheit bei guter Laune verabschiedete die Kabarettistin ihr Publikum, nicht ohne noch mal nach Winterberg einzuladen: „Dann guckt mal vorbei – bei de Mia, die hat immer Kuchen da!“. In Kaufungen darf sie aber auch gerne wieder mal vorbeischauen, ´s Frieda!